Der Senat verschleiert „überraschende“ Asbestfunde und spart an den Schutzmaßnahmen.
Veranlasst durch zahlreiche besorgte Nachfragen aus der Anwohnerschaft hat im Auftrag der Bürgerinitiative Jahnsportpark eines unserer Mitglieder Strafanzeige gegen die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen gestellt. Parallel wurde Beschwerde bei der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt eingereicht.
Seit Ende Januar wurde das Osttribünengebäude des Friedrich-Ludwig-Jahn- Stadions abgerissen. Diese Maßnahme erfolgte über gut zwei Monate nahezu ohne Staubschutzmaßnahmen.
Anfang April wurden dann plötzlich Schuttberge von Arbeitern in Schutzanzügen und mit Staub- schutzmasken abgedeckt – das nährte schlimmste Befürchtungen. SenSBW hat jedoch erst zwei Wochen später, nach einer entsprechenden Anfrage von Bündnis 90 / Die Grünen im Abgeord- netenhaus, eine dürre Pressemitteilung herausgegeben. Tenor: Ja, es wurde schwach gebundener Asbest gefunden; bitte gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen.
Letzteres trifft leider zu, denn die Gefahrstoffverordnung sieht bei Asbest als Schutzmaßnahmen die „staubdichte Abtrennung des Arbeitsbereichs“ und „Lüftungseinrichtung mit ausreichender Unterdruckhaltung“ vor. Die Senatsverwaltung will, angeblich abgestimmt mit dem LAGeTSi, den konta- minierten Schutt jedoch unter freiem Himmel verpacken: „Das betroffene Material wird in faser- dichte Säcke verpackt und in Deckelcontainer für den Abtransport verladen. Zudem wird zur Ver- meidung von Staubemissionen bei den Arbeiten mit dem kontaminierten Material ein Wassernebel erzeugt“, heißt es in der Pressemitteilung. Noch vier Wochen nach Vorliegen des Schadstoffbefundes wurde Ende April die Abdeckung weiter nachgebessert und ist immer noch unvollständig. Wohl am 02.05.2025 hat der Wind einige Abdeckplanen gelöst, so dass der asbesthaltige Schutt ungeschützt und offen dalag, bis er am 05.05. gegen Mittag wieder abgedeckt wurde – das ist in höchstem Maße fahrlässig und beweist, dass die bisherigen Maßnahmen ungeeignet sind!
Dieses Verhaltensmuster ist uns bereits aus dem Artenschutz allzu bekannt: Zu wenig, zu spät, zu schlecht – aber mit dem Segen der nachgeordneten Behörden, die offensichtlich dem Druck von oben nicht standhalten.
Schwach gebundener Asbest ist für Mensch und Umwelt besonders gefährlich. Die Asbestfasern können aufgrund ihrer wenig beständigen Bindung besonders leicht freigesetzt werden.
Den Umgang der Senatsverwaltung mit einem derartig krebserregenden, Luft- und Lungengängigen Stoff, auf einer hochfrequentierten Sportanlage mitten in einem Wohngebiet, halten wir für völlig unzureichend und inakzeptabel.
Wir fordern daher:
- Eine unverzügliche Laborbefundung von mindestens zehn Bodenproben und an Gebäuden abgelagerten Stäuben in der Umgebung der Baustelle auf Asbest, Amphibolasbest und Chrysotilasbest. Zu beproben sind die vorhandenen Sportanlagen inkl. der Sport- und der Werferwiese, der Schotterparkplatz, sowie abgelagerte Stäube am Steinhaus, am MLK-Gebäude, am Tennisclubhaus, und an Wohnbauten an der Tops- und Cantianstraße.
Die Probenentnahme soll aus Transparenzgründen im Beisein eines Vertreters der BI Jahnsportpark stattfinden. Zu jeder Probe ist der BI Jahnsportpark eine versiegelte Rückstellprobe für eine ggf. erforderliche Kontrollbefundung auszuhändigen. - Den sofortigen Stopp für jegliche Bautätigkeit auf der Baustelle, insbesondere Umlagerung von Schutt, weitere Abriss- und Erdarbeiten, bis zum Vorliegen der Ergebnisse dieser Befundung.
- Eine unverzügliche staubdichte Einhausung der betroffenen Haufwerke und der noch vorhan- denen Reste der Osttribüne mit ausreichender Unterdruckhaltung entsprechend der GefStoffV.
- Eine unverzügliche Information aller Sportvereine, aller informell Sport treibenden und der Anwohnerschaft in den umliegenden Straßen über das aktuell und evtl. seit Monaten bestehende Gesundheitsrisiko sowie eine spätere Information über die Ergebnisse aller Befundungen zur Asbestbelastung in der Umgebung der Baustelle.
- Den Abbruch der Planung dieses Stadionneubaus, mit dem die Senatsverwaltung so offenkundig überfordert ist, zugunsten eines kleineren Projekts mit größerem Nutzen für Vereine, Schulen, Kitas und Anwohnerschaft.