Unsere Forderungen
Die Bürgerinitiative Jahnsportpark setzt sich für folgende Forderungen ein:
Erst planen, dann bauen
Wir fordern ein inklusives Gesamtkonzept für das ganze Gelände! Für inklusive Sportmöglichkeiten sind die Sportanlagen im Jahn-Sportpark von größerer Bedeutung als das Große Stadion. Inklusion und Sportangebote für Kinder und Jugendliche gehen vor. Daher: Reihenfolge der Baumaßnahmen umkehren!
Kein Abriss
Das Stadion, ein wichtiges Zeugnis der Ostmoderne, nicht abreissen sondern umbauen und alle vier Flutlichtmasten als Landmarks des Prenzlauer Berges erhalten!
Ein Sportpark ist ein Sportpark
Die verfügbaren Flächen für sportlichen Bedarfe sind schon jetzt sehr knapp. Im Sportpark ist kein Platz für Büroflächen oder Parkhäuser.
Schutz von Informellem Sport und Sport-Wiese
Die Zugänglichkeit der Sportflächen für den informellen Sport muss gewährleistet bleiben.
Der Erhalt der Wiese, die eine Vielzahl von unterschiedlichsten Nutzungen ermöglicht und einen geschützten Raum für vulnerable Gruppen bietet, ist besonders wichtig.
Klima- und Artenschutz konsequent umsetzen
Sträucher und Bäume erhalten sowie Schaffung zusätzlicher Pflanzungen und Biotope! Entsiegelung und Aktivierung der klimarelevanten Flächen!
Verkehrswende kompromisslos einleiten
Keine Besucher-PKW-Stellplätze im Sportpark, stattdessen verpflichtende ÖPNV-Kombitickets für alle Veranstaltungen!
VORWORT
Die Klimakrise hat auch unsere Stadt im Griff. Stadtnatur und Städter*innen leiden unter Hitze und Trockenheit – und das jetzt schon seit vier Sommern! 2020 kommt auch noch die Pandemie dazu, deren wirtschaftliche Auswirkungen gerade erst spürbar und sich wohl noch deutlich ausweiten werden. In diesem Zusammenhang wirkt das Vorhaben der Senatsverwaltung für Sport wie ein Blick in die Vergangenheit:
WAS GENAU WILL DIE SENATSVERWALTUNG FÜR SPORT?
Aus einem Sport-Park mit alten Bäumen, Sträuchern und Freiflächen soll ein hochverdichteter Hochleistungs-Standort werden! Die Natur soll weichen, damit neben großen Sporthallen auch 150 Büroarbeitsplätze, umfangreiche Lagerräume, VIP-Einrichtungen und ein Parkhaus auf dem Gelände untergebracht werden können.
Dabei steht in einer Veröffentlichung des Senats vom Juni 2020: Selbst um nur den Bedarf des Schulsports zu decken, ist der Jahnsportpark um ein Vielfaches zu klein! (Auswertung S. 12)
Das gerade 35 Jahre altes Stadion soll komplett abgerissen werden, um an der selben Stelle ein gleich großes Stadion zu errichten.
WOFÜR WIR UNS EINSETZEN
Durch das Engagement unserer Bürgerinitiative konnte der ab Ende 2020 geplante Abriss des Stadions vorerst abgewendet werden. Stattdessen begann im Mai 2021 ein partizipatives Werkstattverfahren, in dem drei Planungsteams drei verschiedene Varianten untersuchten. Damit liegt nun erstmals eine Planung vor, die über die sehr grobe und einseitige Machbarkeitsstudie hinausgeht.
In das Werkstattverfahren 2021 war unsere BI neben anderen Interessenvertretungen v.a. der Verwaltung und des organisierten Sports eingebunden.
Während auf der Grundlage eines weitreichenden Konsenses unter den Projektbeteiligten die Variante 3 (Errichtung eines zweiten und Umnutzung des bestehenden Stadions) vom Lenkungsgremium (SenSW, SenIDS, Bezirk Pankow) ausgeschlossen wurde, konnte über die Frage Abriss und Neubau an der selben Stelle oder Umbau und Sanierung noch keine Einigung erzielt werden. Deutlich wurde aber, dass durch einen (allerdings sehr tiefgreifenden) Umbau die sportfachlichen Bedarfe insbesondere des Profisports und der Inklusion erfüllt werden können. Wir, die Bürgerinitiative Jahnsportpark, setzen uns daher weiter vehement für diese einzig zeitgemäße Variante ein. Sie ist klima- und ressourcenschonend und erhält ein denkmalwertes und geschichtsträchtiges Bauwerk, das noch keine 40 Jahre alt ist.
Auch der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA), Landesverband Berlin, und der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten (bdla), Landesgruppe Berlin-Brandenburg unterstützen unsere Position, ebenso wie die Pariser Architekten Lacaton Vassal, die 2021 für ihre Ressourcenschonenden Konzepte mit dem Pritzker-Preis geehrt wurden, der höchsten Auszeichnung im Bereich der Architektur, und mit denen wir seit Sommer 2020 im Austausch stehen.
Die Bürgerinitiative Jahnsportpark fordert einen Masterplan für das gesamte Gelände. Stadion und Sportpark gehören stadträumlich wie funktional zusammen. Beides muss daher auch zusammen gedacht und geplant werden!
Erst planen (Realisierungswettbewerb), dann im nötigen Umfang sanieren und umbauen und nur dort, wo es unerlässlich ist, abreißen!
INKLUSION UND BETEILIGUNG DER ANWOHNERSCHAFT
Die Bürgerinitiative Jahnsportpark begrüßt ausdrücklich eine Umgestaltung des Sportparks zum Zwecke der Inklusion! Wir fragen aber: Wenn die Inklusion im Vordergrund steht, warum wird dann nicht zunächst der Sportpark umgestaltet, so dass die Inklusion sofort beginnt? Die Entscheidung der Senatsverwaltung für Sport, zunächst das Stadion abzureißen (14 Millionen Euro), es dann, bisher noch ohne Planung, neu zu bauen (mindestens 97 Millionen Euro), reine Bauzeit: mindestens 2-3 Jahre, und erst ganz zum Schluss (frühestens 2026) die Flächen für den Inklusionssport im Sportpark anzugehen, erweckts den Eindruck, dass die Inklusion in Wahrheit nicht im Vordergrund steht.
Inklusion im Stadion ist, wie das Werkstattverfahren (Variante 2) gezeigt hat, auch ohne einen Abriss möglich. Die Tatsache, dass viele sich „das nicht vorstellen können“, wie gelegentlich in der Presse kolportiert wird, spricht nicht gegen die Idee, sondern gegen die mangelnde Expertise und Vorstellungskraft. Entscheidend ist, dass Architekten es sich vorstellen und belegen können! Sie sind die Fachkräfte und haben die nötige Expertise hinsichtlich baulicher Umstrukturierungen, nicht die Sportverbände.
Inklusion bedeutet für uns auch, dass diejenigen, die das Gelände täglich oder mehrfach in der Woche nutzen, die Anwohner*innen, ebenso gehört werden wie alle anderen Nutzer*innen.
Wir fordern eine Weiterführung der Beteiligung der Anwohnerschaft und des nicht-vereinsgebundenen Sportes in die Planung des Sportparks!
NATURRASENFLÄCHE ERHALTEN
Laut Bürgerbefragung ist die Naturrasenfläche hinter den Tennisplätzen eine der meist genutzten Flächen im Sportpark. Hier ist eine Vielfalt von individual sportlicher Betätigung möglich, für die es keine Ausweichmöglichkeiten in der Umgebung gibt. Bedeutet Inklusion nicht auch, dass Freiflächen erhalten bleiben, die eine langfristig offene Interpretation von Sport erlauben? Darüber hinaus erbringt die Wiese durch Verdunstungskühle eine wichtige klimatische Leistung für einen Kiez, der bereits 2015 als innerstädtische Hitzeinsel kartiert wurde. Wer über klimaresiliente Stadt redet, muss solche Orte erhalten und stärken.
Wir fordern: die Naturrasenfläche muss als multifunktionale, informelle Sportfläche anerkannt und in der derzeitigen Größe erhalten werden!
BÄUME UND STRÄUCHER FÜR MIKROKLIMA UND STADTBILD ERHALTEN
Der Busch- und Baumbestand im Jahnsportpark ist von unersetzlichem Wert für Anwohnerschaft und Sportler*innen. Die ca. 460, teilweise prächtigen alten Bäume bereichern das Stadtbild, geben Schatten, sind Heimstatt von Vögeln und Eichhörnchen. Klima und lokales Mikroklima profitieren von diesen Sauerstoffspendern und Wasserverdunstern. Die Sträucher haben wichtige ökologische und klimaregulierende Funktionen, außerdem sind sie unersetzlich für Vögel und Insekten. Es bräuchte viele Jahrzehnte, bis Ersatzpflanzungen gleichwertige Eigenschaften erreichen würden. Ein ausgewachsener Baum entspricht in seinem Wirkungsgrad etwa 15 neu gepflanzten Bäumen, was Verdunstungskälte, Schatten, Befeuchtung, Sauerstoff und Schadstoff-Filterleistung angeht. Neupflanzungen sind durch den Klimawandel regelmäßig nicht mehr fähig, langfristig so anzuwachsen, dass sie auch nur annähernd den Wuchs der etablierten Bäume erreichen – gleichwertige Ersatzpflanzungen sind also nicht möglich!
Der Schutz des Baumbestandes im Jahnsportpark war der mit Abstand am häufigsten und nachdrücklichsten genannte Wunsch der Teilnehmenden der Online-Befragung. Viele Bürger*innen wiesen in Kommentaren explizit auf die Dringlichkeit der Erhaltung der Bäume hin. In Zeiten des fortgeschrittenen Klimawandels, der Ausrufung des Klimanotstandes durch die Umweltsenatorin und den Bezirk Pankow und nach den Empfehlungen des StEP Klima KONKRET ist ein Antasten der Baumbestände nicht zu vertreten. Bauvorhaben müssen rücksichtsvoll integriert werden.
Unsere Forderung lautet: Zukünftige Bauvorhaben im Jahnsportpark müssen außerhalb bestehender Baumstandorte so angeordnet werden, dass Fällungen vermeidbar werden. Der bestehende Grünbestand soll vor Ort durch ergänzende Ersatzpflanzungen ausgebaut werden!
INTELLIGENTE PLANUNG VEREINT BAUMBESTAND UND NEUE SPORTANLAGEN
Ein geschützter Baumbestand und neue Sportanlagen sind kein Widerspruch! Wenn das Layout des Jahnsportparks intelligent, verantwortungsvoll und mit Augenmaß geplant wird, müssen keine Bäume für neue Sportanlagen weichen. Der Sportpark muss Park bleiben – ohne die großen Bäume wäre der Parkcharakter zerstört.
Unsere Forderung lautet: Die verantwortlichen Planer*innen müssen Bauvorhaben in den Baumbestand rücksichtsvoll integrieren!
EIN STADION ABREISSEN, UM EIN NEUES ZU BAUEN
„Bauen muss vermehrt ohne Neubau auskommen. Priorität kommt dem Erhalt und dem materiellen wie konstruktiven Weiterbauen des Bestehenden zu und nicht dessen leichtfertigem Abriss. Die „graue Energie“, die vom Material über den Transport bis zur Konstruktion in Bestandsgebäuden steckt, wird ein wichtiger Maßstab zur energetischen Bewertung sowohl im Planungsprozess als auch in den gesetzlichen Regularien. Wir brauchen eine neue Kultur des Pflegens und Reparierens.“
Bund Deutscher Architekten, Das Haus der Erde, 2019
Das prägnante, rote Haupttribünengebäude und die stadtbildprägenden Flutlichtmasten sind noch keine 40 Jahre alt. Sie wurden zur 750-Jahr-Feier Berlins errichtet und sind ein architektonisches Zeugnis eines repräsentativen Funktionsbaus der DDR. Die Architektur verweist auf die internationale Moderne der 1960er Jahre. Die Entwurfsidee der Einbettung der Ränge in einen Hügel und des über dem Gebäude „schwebenden“ Dachs ist elegant und zeitlos. Diese Motive wurden bei der Max- Schmeling-Halle aufgegriffen und stärken so die Ensemblewirkung der beiden Großbauten.
„Berlin besitzt mit dem Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark und dem angrenzenden Mauerpark eine Deutschland-, wenn nicht weltweit einmalige Sport- und Freizeitlandschaft, die Spitzen- und Breitensport vereint und mit der Grünen Infrastruktur Berlins verbindet. Der wertvolle Baumbestand und die historisch einmalige Anlage von Stadion, denkmalgeschützter Hinterland-Mauer und Tribüne für Karaoke-Events im Mauerpark, dies alles muss behutsam saniert und nicht brachial umgestaltet werden!“ (Eike Richter, Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Landschaftsarchitekten, 11.06.2020)
Neben baukulturellen Gründen spricht die mit einem Abriss verbundene Ressourcenverschwendung für eine Sanierung mit behutsamem Umbau. So kann ein Großteil der im Rohbau gebundenen „grauen Energie“ weitergenutzt und viele für einen Neubau erforderliche Ressourcen eingespart werden. Das betrifft Energie, Wasser, Baustoffe und Abfall und ist angewandter Klimaschutz!
2018 „BESTE WETTKAMPFBEDINGUNGEN“
Ein Stadion, in dem 2018 die Europameisterschaften des Inklusionssports „unter besten Wettkampfbedingungen“ (6. Berliner Sportbericht der Senatsverwaltung, 2.1.7) abgehalten werden konnten, ist natürlich sanierbar. Und selbstverständlich sind Umbauten möglich und nötig. Dabei muss jedoch ein vernünftiger, am Bestand orientierter Bedarf formuliert werden.
Wir fordern: Ein ressourcenschonender Umbau des Stadions wird Bestandteil eines Planungswettbewerbs. Der Erhalt des Haupttribünengebäudes und der Flutlichtmasten ist zwingende Vorgabe. Rückbaumaßnahmen vor Beendigung des Realisierungswettbewerbs sind ausgeschlossen.
GESTALTUNGSWETTBEWERB NACH RPW FÜR DIE BEHUTSAME UMGESTALTUNG DES JAHNSPORTPARKS
Die Gestaltung des Jahnsportparks erfolgte seit seiner Gründung überwiegend mit Bedacht und Qualitätsbewusstsein. Davon zeugen die Wege- und Blickachsen, die Platanenallee, das Stadion und seine Flutlichtmasten, bis hin zum neuen Funktionsgebäude. Diesem gestalterischen Anspruch ist weiterhin Rechnung zu tragen. Außerdem sind selbstverständlich funktionale, ökologische, und wirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen. Das alles leistet ein Planungswettbewerb. Er ermöglicht auch eine Bürgerbeteiligung bei der Erstellung der Wettbewerbsaufgabe und im Rahmen der Vorprüfung und Jurierung. Wir begrüßen daher ausdrücklich das von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen vorgestellte Wettbewerbsverfahren: Eu-weit offen, interdisziplinär und mit partizipativen Elementen.
Wir fordern: Die Umgestaltung des Jahnsportparks ist inklusive des Stadions einem Realisierungswettbewerb nach RPW zu unterziehen. Ein an den Stadion-Wettbewerb angehängter “Ideenteil” für den Sportpark wird der anstehenden Planungsaufgabe weder funktional noch gestalterisch gerecht!
KEINE KFZ-STELLPLÄTZE – BVG-TICKET IN VERANSTALTUNGSTICKETS INTEGRIEREN
Der Senat beabsichtigt den Bau eines Parkhauses oder einer Tiefgarage mit 450 VIP-Stellplätzen. Dies entspreche der derzeitigen Zahl an Stellplätzen und dem Bedarf bei großen Inklusionssportveranstaltungen (300 Telebusse).
450 Stellplätze existieren im Jahnsportpark nur bei Berücksichtigung der Naturrasenwiese, die bei manchen Veranstaltungen informell als VIP-Parkplatz herangezogen wird. Das ist aus Gründen des Boden- und Grundwasserschutzes fragwürdig, weshalb nur eine temporäre Parkierung überhaupt zulässig ist. Diese Parkplätze existieren nicht!
Bei den Para-Europameisterschaften 2018 bestand zu keinem Zeitpunkt ein Bedarf an Stellplätzen für 300 Telebusse. Selbst wenn das alle paar Jahre vorkommen sollte, erfordert das kein Gebäude, sondern ein intelligentes Mobilitätskonzept. Die Telebusse könnten z.B. vorfahren, während der Wettkämpfe aber anderweitig abgestellt werden.
Stellplätze für Menschen mit Beeinträchtigungen sollten nicht instrumentalisiert werden, um ganzjährig Stellplätze für den Veranstaltungsbetrieb im Stadion oder in der Max-Schmeling-Halle bereitzustellen. Das ist unzeitgemäß, nicht quartiersverträglich, und widerspricht den Mobilitäts- und Klimaschutzzielen der Senatsverwaltung!
Wir fordern: Mehr Park, weniger Parkierung!
In alle Eintrittskarten für Veranstaltungen im Jahnsportpark und der Max-Schmeling-Halle ist die kostenlose Benutzung des ÖPNV zu integrieren. Das wird schon lange in vielen Städten erfolgreich praktiziert – warum nicht in Berlin?
Die Zahl der Stellplätze im Jahnsportpark ist gegenüber dem derzeitigen Bestand (ohne Berücksichtigung der Naturrasenwiese) zu reduzieren und möglichst parkverträglich anzuordnen.