Unsere Forderungen
Die Bürgerinitiative Jahnsportpark setzt sich für folgende Forderungen ein:
Planung auf den Prüfstand
Nach dem Beschluss des B-Plans fordern wir einen Plan B: Zukunftsfähig, nachhaltig, inklusiv, sozial und angemessen.
Für inklusive Sportmöglichkeiten sind die Sportanlagen im Jahn-Sportpark von Bedeutung, nicht aber das geplante Profi- und Eventstadion. Inklusion und Sportangebote für Kinder und Jugendliche gehen vor. 200 Mio. € oder mehr für das Stadion sind, bei gleichzeitigen Kürzungen im Bereich Soziales, Bildung oder Kultur, unsozial, bildungs- und kulturfeindlich.
Abrissmoratorium
Der Abriss der ostmodernen Haupttribüne mit ihrem markanten Flugdach war unzeitgemäß, unklug und unkultiviert.
Die noch bestehenden Rände und die Überdachung der Osttribüne sind Geschichtszeugnisse, die nicht abzureissen sondern umzubauen sind. Gleichzeitig sollen alle vier Flutlichtmasten als Landmarks des Prenzlauer Berges erhalten bleiben.
Ein Sportpark ist ein Sportpark
Die verfügbaren Flächen für sportliche Bedarfe sind schon jetzt sehr knapp. Im Sportpark ist kein Platz für Büro- und Ladenflächen, Tiefgaragen oder Parkhäuser.
Schutz von Informellem Sport und Sport-Wiese
Die Zugänglichkeit der Sportflächen für den informellen Sport muss gewährleistet bleiben.
Der Erhalt der Sportwiese, die eine Vielzahl von unterschiedlichsten Nutzungen ermöglicht und einen geschützten Raum für vulnerable Gruppen bietet, ist besonders wichtig.
Klima- und Artenschutz konsequent umsetzen
Sträucher und Bäume erhalten sowie Schaffung zusätzlicher Pflanzungen und Biotope! Entsiegelung und Aktivierung der klimarelevanten Flächen statt Erhöhung des Versiegelungsgrads.
Verkehrswende kompromisslos einleiten
Keine Besucher-PKW-Stellplätze im Sportpark. Verpflichtende ÖPNV-Kombitickets für alle Veranstaltungen!
VORWORT
Die Klimakrise hat auch unsere Stadt immer fester im Griff. Stadtnatur und Städter*innen leiden unter Hitze, Trockenheit und Extremereignissen wie schweren Stürmen. In diesem Zusammenhang wirkt das Vorhaben der Senatsverwaltung für Sport wie ein Blick in die Vergangenheit:
WAS GENAU WILL DIE SENATSVERWALTUNG FÜR SPORT?
Aus einem Sport-Park mit alten Bäumen, Sträuchern und Freiflächen soll ein hochverdichteter Hochleistungs-Standort werden! Die Natur soll weichen, damit neben großen Sporthallen auch ca. 100 Büroarbeitsplätze, umfangreiche Lagerräume, VIP-Einrichtungen und eine Tiefgarage auf dem Gelände untergebracht werden können.
Dabei steht in einer Veröffentlichung des Senats vom Juni 2020: Selbst um nur den Bedarf des Schulsports zu decken, ist der Jahnsportpark um ein Vielfaches zu klein! (Auswertung S. 12)
Eine gerade 37 Jahre alte, architektonisch erhaltenswerte Tribüne wurde abgerissen, um an derselben Stelle ein gleich großes Stadion zu errichten. Der Unterschied: 200 rollstuhl¬gerechte Plätze – das entspricht 1% aller Sitzplätze. Und das soll nicht durch einen klugen Umbau möglich sein?
WOFÜR WIR UNS MIT ERFOLG EINGESETZT HABEN
Durch das Engagement unserer Bürgerinitiative konnte der ab Ende 2020 geplante Abriss des Stadions abgewendet werden. Stattdessen begann im Mai 2021 ein partizipatives Werkstattverfahren, in dem drei Planungsteams drei verschiedene Varianten untersuchten. Damit lag erstmals eine Planung vor, die die Möglichkeit eines Umbaus (zu unterscheiden von Sanierung!) prüfte, mit positivem Ergebnis.
In das Werkstattverfahren 2021 war unsere BI neben anderen Interessenvertretungen v.a. der Verwaltung und des organisierten Sports eingebunden.
Auch der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA), Landesverband Berlin, und der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten (bdla), Landesgruppe Berlin-Brandenburg unterstützten unsere Position, ebenso wie die Pariser Architekten Lacaton Vassal, die 2021 für ihre Ressourcenschonenden Konzepte mit dem Pritzker-Preis geehrt wurden, der höchsten Auszeichnung im Bereich der Architektur, und mit denen wir seit Sommer 2020 im Austausch stehen.
Die Bürgerinitiative Jahnsportpark forderte einen Masterplan für das gesamte Gelände. Stadion und Sportpark gehören stadträumlich wie funktional zusammen. Beides muss daher auch zusammen gedacht und geplant werden. Dieser Forderung kam die Senatsverwaltung mit einem interdisziplinären Realisierungswettbewerb für Architektur und Landschaftsarchitektur weitgehend nach. Auch hier war unsere BI mit einem Sitz im elfköpfigen Preisgericht eingebunden.
INKLUSION UND BETEILIGUNG DER ANWOHNERSCHAFT
Die Bürgerinitiative Jahnsportpark begrüßt ausdrücklich eine Umgestaltung des Sportparks zum Zwecke der Inklusion! Wir fragen aber: Wenn die Inklusion im Vordergrund steht, warum wird dann nicht zunächst der Sportpark umgestaltet, so dass die Inklusion sofort beginnt? Die Entscheidung der Senatsverwaltung für Sport, zunächst das Stadion abzureißen (14 Millionen Euro), es dann neu zu bauen (ca. 200 Millionen Euro), reine Bauzeit: mindestens 2-3 Jahre, und erst danach die Flächen für den Inklusionssport im Sportpark anzugehen, belegt, dass die Inklusion in Wahrheit nicht im Vordergrund steht.
Tatsächlich ist der Sportpark, der sog. III. Bauabschnitt, bisher nicht finanziert. Unter der derzeitigen Maßgabe des Landeshaushalts, dass die Gesamtkosten max. 300 Mio. €, vorzugsweise eher 250 Mio. € betragen sollen, bleibt für den Sportpark so gut wie nichts übrig.
Inklusion im Stadion ist, wie das Werkstattverfahren (Variante 2) gezeigt hat, auch ohne einen Abriss möglich. Die Tatsache, dass viele sich „das nicht vorstellen können“, wie gelegentlich in der Presse kolportiert wird, spricht nicht gegen die Idee, sondern gegen die mangelnde Expertise und Vorstellungskraft. Entscheidend ist, dass Architekten es sich vorstellen und belegen können! Sie sind die Fachkräfte und haben die nötige Expertise hinsichtlich baulicher Umstrukturierungen, nicht die Sportverbände.
Inklusion bedeutet für uns auch, dass diejenigen, die das Gelände täglich oder mehrfach in der Woche nutzen, die Anwohner*innen, ebenso gehört werden wie alle anderen Nutzer*innen.
Wir fordern eine Weiterführung der Beteiligung der Anwohnerschaft und des nicht-vereinsgebundenen Sportes in die Planung des Sportparks!
NATURRASENFLÄCHE (SPORTWIESE) ERHALTEN
Laut Bürgerbefragung ist die Naturrasenfläche hinter den Tennisplätzen eine der am meisten genutzten Flächen im Sportpark. Hier ist eine Vielfalt von individueller sportlicher Betätigung möglich, für die es keine Ausweichmöglichkeiten in der Umgebung gibt. Bedeutet Inklusion nicht auch, dass Freiflächen erhalten bleiben, die eine langfristig offene Interpretation von Sport erlauben? Darüber hinaus erbringt die Wiese durch Verdunstungskühle eine wichtige klimatische Leistung für einen Kiez, der bereits 2015 als innerstädtische Hitzeinsel kartiert wurde. Wer über klimaresiliente Stadt redet, muss solche Orte erhalten und stärken.
Wir fordern: die Naturrasenfläche muss als multifunktionale, informelle Sportfläche anerkannt und in der derzeitigen Größe erhalten werden!
BÄUME UND STRÄUCHER FÜR MIKROKLIMA UND STADTBILD ERHALTEN
Der Busch- und Baumbestand im Jahnsportpark ist von unersetzlichem Wert für Anwohnerschaft und Sportler*innen. Die ca. 460, teilweise prächtigen alten Bäume bereichern das Stadtbild, geben Schatten, sind Heimstatt von Vögeln und Eichhörnchen. Klima und lokales Mikroklima profitieren von diesen Sauerstoffspendern und Wasserverdunstern. Die Sträucher haben wichtige ökologische und klimaregulierende Funktionen, außerdem sind sie unersetzlich für Vögel und Insekten. Es bräuchte ca. 30 Jahre, bis Ersatzpflanzungen gleichwertige Eigenschaften erreichen würden. Ein ausgewachsener Baum entspricht in seinem Wirkungsgrad etwa 15 neu gepflanzten Bäumen, was Verdunstungskälte, Schatten, Befeuchtung, Sauerstoff und Schadstoff-Filterleistung angeht.
Der Schutz des Baumbestandes im Jahnsportpark war der mit Abstand am häufigsten und nachdrücklichsten genannte Wunsch der Teilnehmenden der Online-Befragung. Viele Bürger*innen wiesen in Kommentaren explizit auf die Dringlichkeit der Erhaltung der Bäume hin. In Zeiten des fortgeschrittenen Klimawandels, der Ausrufung des Klimanotstandes durch die Umweltsenatorin und den Bezirk Pankow, den stetigen Verlust an Stadtbäumen von Jahr zu Jahr und nach den Empfehlungen des StEP Klima KONKRET ist ein Antasten der Baumbestände nicht zu vertreten.
Ein geschützter Baumbestand und neue Sportanlagen sind kein Widerspruch! Wenn das Layout des Jahnsportparks intelligent, verantwortungsvoll und mit Augenmaß geplant wird, müssen keine Bäume für neue Sportanlagen weichen. Der Sportpark muss Park bleiben – ohne die großen Bäume wäre der Parkcharakter zerstört.
INTELLIGENTE PLANUNG VEREINT BAUMBESTAND UND NEUE SPORTANLAGEN
Unsere Forderung lautet: Fällungen müssen vermieden werden. Der bestehende Grünbestand soll vor Ort durch ergänzende, teilweise seit Jahren überfällige Ersatzpflanzungen ausgebaut werden!
EIN STADION ABREISSEN, UM EIN NEUES ZU BAUEN
„Bauen muss vermehrt ohne Neubau auskommen. Priorität kommt dem Erhalt und dem materiellen wie konstruktiven Weiterbauen des Bestehenden zu und nicht dessen leichtfertigem Abriss. Die „graue Energie“, die vom Material über den Transport bis zur Konstruktion in Bestandsgebäuden steckt, wird ein wichtiger Maßstab zur energetischen Bewertung sowohl im Planungsprozess als auch in den gesetzlichen Regularien. Wir brauchen eine neue Kultur des Pflegens und Reparierens.“ Bund Deutscher Architekten, Das Haus der Erde, 2019
Das prägnante, rote Haupttribünengebäude und die stadtbildprägenden Flutlichtmasten wurden 1987 zur 750-Jahr-Feier Berlins errichtet. „Berlin besitzt mit dem Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark und dem angrenzenden Mauerpark eine Deutschland-, wenn nicht weltweit einmalige Sport- und Freizeitlandschaft, die Spitzen- und Breitensport vereint und mit der Grünen Infrastruktur Berlins verbindet. Der wertvolle Baumbestand und die historisch einmalige Anlage von Stadion, denkmalgeschützter Hinterland-Mauer und Tribüne für Karaoke-Events im Mauerpark, dies alles muss behutsam saniert und nicht brachial umgestaltet werden!“ (Eike Richter, Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Landschaftsarchitekten, 11.06.2020)
Neben baukulturellen Gründen spricht die mit einem Abriss verbundene Ressourcen-verschwendung für eine Sanierung mit behutsamem Umbau. So kann ein Großteil der im Rohbau gebundenen „grauen Energie“ weitergenutzt und viele für einen Neubau erforderliche Ressourcen eingespart werden. Das betrifft Energie, Wasser, Baustoffe und Abfall und ist angewandter Klimaschutz!
Der Abriss der Osttribüne war ein Fehler, der nicht durch weitere Abrisse fortgeschrieben werden darf. Wir fordern einen Abrissstop!
2018 „BESTE WETTKAMPFBEDINGUNGEN“
Ein Stadion, in dem 2018 die Europameisterschaften des Inklusionssports „unter besten Wettkampfbedingungen“ (6. Berliner Sportbericht der Senatsverwaltung, 2.1.7) abgehalten werden konnten, ist natürlich sanierbar. Und selbstverständlich sind Umbauten möglich und nötig. Dabei muss jedoch ein vernünftiger, am Bestand orientierter Bedarf formuliert werden.
Wir fordern einen ressourcenschonenden Umbau des Stadions, den Erhalt der Flutlicht-masten und den Neubau erforderlicher Schul- und Vereinssporthallen anstelle der abgerissenen Osttribüne.
KEINE KFZ-STELLPLÄTZE – BVG-TICKET IN VERANSTALTUNGSTICKETS INTEGRIEREN
Der Senat beabsichtigt den Bau einer Tiefgarage mit 450 VIP-Stellplätzen. Dies entspreche der derzeitigen Zahl an Stellplätzen und dem Bedarf bei großen Inklusionssportveranstal¬tungen (300 Telebusse).
450 Stellplätze existieren im Jahnsportpark nur bei Berücksichtigung der Sportwiese, die bei manchen Veranstaltungen informell als VIP-Parkplatz herangezogen wird. Das ist aus Gründen des Boden- und Grundwasserschutzes fragwürdig, weshalb nur eine temporäre Parkierung überhaupt zulässig ist. Diese Parkplätze existieren nicht!
Bei den Para-Europameisterschaften 2018 bestand zu keinem Zeitpunkt ein Bedarf an Stellplätzen für 300 Telebusse. Selbst wenn das alle paar Jahre vorkommen sollte, erfordert das kein Gebäude, sondern ein intelligentes Mobilitätskonzept. Die Telebusse könnten z.B. vorfahren, während der Wettkämpfe aber anderweitig abgestellt werden.
Stellplätze für Menschen mit Beeinträchtigungen sollten nicht instrumentalisiert werden, um ganzjährig Stellplätze für den Veranstaltungsbetrieb im Stadion oder in der Max-Schmeling-Halle bereitzustellen. Das ist unzeitgemäß, nicht quartiersverträglich, und widerspricht den Mobilitäts- und Klimaschutzzielen der Senatsverwaltung!
Wir fordern: Mehr Park, weniger Parkierung!
In alle Eintrittskarten für Veranstaltungen im Jahnsportpark und der Max-Schmeling-Halle ist die kostenlose Benutzung des ÖPNV zu integrieren. Das wird schon lange in vielen Städten erfolgreich praktiziert – warum nicht in Berlin?